HOWS, 2018
Dorothee von Rechenberg (*1947) schaut leidenschaftlich gerne Kinofilme. Irgendwann hat sie begonnen, während der Film läuft, ,aufleuchtende Details‘ daraus (so der Buchtitel der Kindheitserinnerungen des ungarischen Schriftstellers und Fotografen Peter Nadas) fotografisch aufzunehmen. Sie ist in diesen Momenten weniger an Plot und Protagonisten interessiert, als von scheinbar nebensächlichen, nonverbalen Szenen des Übergangs fasziniert, vom gestischen Ausdruck, der Körpersprache der Figuren und ganz besonders vom vielsagenden Spiel ihrer Hände. Speziell geeignet sind dafür topische Filmszenen, wo Menschen miteinander an einem Tisch sitzen, sei es als Paar, in einer Gruppe oder auch ganz allein. So sprechen in den kitchen stories einem für den Ort, passenderweise die ehemalige Küche der Villa, komponierten, episodisch angelegten Fries, nicht die Gesichter der Schauspielerinnen zu uns, sondern ihre expressive Haltung, ihr Körperausdruck sowie die durch Ausstattung und Kostümierung aufgeladene Atmosphäre des Ortes, in welchem beispielsweise das Schälen eines Eies durch die Hände einer Frau möglicherweise mehr Sinnlichkeit transportiert als die vordergründig erzählte Story. Der Prozess des Erinnerns, Verblassens und Vergessens von emotionalen Eindrücken wird durch eingefügte Polaroids, welche die Künstlerin neuerdings von einigen der Fotografien gemacht hat, weiter transformiert und steht in Beziehung zum Küchenraum, der seiner Funktion längst enthoben, mit jeder Ausstellung zu etwas Neuem wird. Hier in der Ausstellung HOWS zum verdichteten filmischen Erinnerungsraum, in welchem uns ein listig blinzelndes Geisterpaar (Doppelhaken klein von Matthias Frey) beim Betrachten der Fotoarbeiten beobachtet.
Auszug aus dem Saaltext von Eva Bächthold zur Gruppenausstellung HOWS in der Villa Renata, ehem. Küche
„….wofür stehen die verführerisch schönen spitzbodigen Porzellangefässe auf dem soften, unterstützten Silikontablar über der Badewanne von Matthias Frey?
Sie heissen Die sieben Todsünden und erinnern in diesem Umfeld weniger an (Auto)vasen als an eine Kollektion von Sex-Toys. In diesen vieldeutigen Körper- und Genderkontext haben sich Dorothee von Rechenbergs Fotos von Knautschlingen eingeschlichen und sich in der Nähe der Todsünden auf den Kacheln platziert, um unsere Phantasie zu beflügeln.»
Auszug aus dem Saaltext von Eva Bächthold zur Gruppenausstellung HOWS in der Villa Renata, ehem. Bad
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